Als Bundesgesundheitsminister Lauterbach in seinem Grußwort für den Kongress für Kinder- und Jugendmedizin am vergangenen Donnerstag verkündete, man wolle „mit der großen Krankenhausreform die Förderung der stationären Pädiatrie verstetigen“ und „den Trend stoppen, dass es immer weniger Kapazitäten in der stationären Kinderheilkunde gibt“, nahmen dies die über 2.000 am Kongress teilnehmenden Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte erfreut zur Kenntnis. Zu früh gefreut? Nur vielleicht ja, denn der morgen im Gesundheitsausschuss des Bundestag zu diskutierende Entwurf weist ausgerechnet im Bereich der Pädiatrie weiterhin gefährliche Lücken und Unschärfen auf. Diese müssen die nachgeordneten Behörden des Gesundheitsministeriums nun schließen, damit die Reform auch für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen erfolgreich wird.
Es ist eines der für die Gesundheitsversorgung wohl bedeutendsten Gesetze der vergangenen Jahre: Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) bietet die Chance, die stationäre Versorgung der Kinder und Jugendlichen in Deutschland zu sichern und tatsächlich für eine bessere Zukunft zu reformieren. Die DGKJ hat sich als wissenschaftliche Fachgesellschaft der gesamten Kinder- und Jugendmedizin bisher an allen Schritten des Gesetzes beteiligt und die Aspekte der Kinder- und Jugendmedizin deutlich vernehmbar und nachdrücklich eingebracht. Diese existenziellen Argumente jedoch blieben bisher ungehört.
„Wir hofften auf Einsicht und fürchten allerdings das Gegenteil. Die aktuelle Gesetzesidee gefährdet in ganz akutem Maß die stationäre Versorgung unserer Kinder und Jugendlichen – und dies auf lange Sicht“, gibt DGKJ-Generalsekretär Priv. Doz. Dr. Burkhard Rodeck zu bedenken.
Es besteht dringender Änderungsbedarf bei der Ausformung des Gesetzes, will man die stationären Kinder- und Jugendmedizin nicht existenziell gefährden und riskieren, dass noch mehr Kliniken schließen (müssen).
Nach wie vor erfassen die Vorgaben des KHVVG für die Leistungsgruppe „Spezielle Kinder- und Jugendmedizin“ den Bedarf und die Realität in der Versorgung kranker Kinder und Jugendlicher nur unzureichend.
So sind die im Entwurf enthaltenen Vorhaltepauschalen nicht ausreichend für Kliniken bzw. Abteilungen für Kinder- und Jugendmedizin, denn diese benötigen eine zuverlässige finanzielle Grundabsicherung. Sie können mit ihrer fest umrissenen Patientengruppe nicht die Fallzahlen steigern und ihre strukturell bedingten Fixkosten auch nicht über die zukünftig reduzierten DRG-Erlöse samt geplanter Pauschalen abdecken. Zudem sollten die in der Krankenhausreform dezidiert erwähnten Förderungen für die stationäre Versorgung von Kindern und Jugendlichen auch gezielt nur denjenigen Einrichtungen zukommen, die für diese spezielle Versorgung pädiatrisch qualifiziert sind - und nicht wie derzeit „allen“ Kliniken, die Kinder versorgen, selbst wenn sie keine kindgerechten Strukturen vorweisen.
„Die Grundabsicherung der stationären Pädiatrie und der gesicherte Erhalt der ihnen zugedachten speziellen Förderung ist entscheidend dafür, ob wir zukünftig die stabile und flächendeckende Versorgung durch Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin halten können“, warnt der DGKJ-Generalsekretär.
Kinder und Jugendliche mit schweren, komplexen und seltenen Krankheitsbildern – die in der Pädiatrie sehr viel häufiger vorkommen als in der Erwachsenenmedizin – sind zudem auf die entsprechenden Spezialbereiche der Kinder- und Jugendmedizin angewiesen. Um diese Versorgung aufrecht erhalten zu können, spricht sich die wissenschaftliche Fachgesellschaft klar für eine Umsetzung der schon von der Regierungskommission empfohlenen Einrichtung von Institutsambulanzen in enger Abstimmung mit den niedergelassenen Kinderärztinnen und -ärzten aus, die diesen besonderen Versorgungsbedarf erfüllen könnten, deren inhaltliche Vielfalt den Erwachsenendisziplinen entspricht. Auch dieser Punkt ist im vorgelegten Entwurf noch nicht ausreichend präzisiert.
Nach der morgigen Anhörung soll der KHVVG-Entwurf am 18. Oktober in die zweite und dritte Bundestagslesung gehen und verabschiedet werden. Die Zeit für Nachbesserungen ist damit denkbar knapp, gibt die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin zu bedenken.
Zum KHVVG aus pädiatrischer Perspektive:
Pressekontakt
Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DGKJ)
Dr. Sybille Lunau
Chausseestr. 128/129 | 10115 Berlin
Tel. +49 30 3087779-14
presse@dgkj.de