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Leitlinien nicht justiziabel

19.06.2019

Kammergericht Berlin klärt rechtlich relevante Fragen rund um die Erstellung, Handhabung und Verbindlichkeit von Leitlinien.

In seiner Entscheidung vom 29.01.2019 (Az. 4 U 41/18) hat das Kammergericht in Berlin die Gelegenheit wahrgenommen, einige rechtlich relevante Fragen rund um die Erstellung, Handhabung und Verbindlichkeit von Leitlinien zu beantworten. Dabei ging es im Kern um die Frage, ob die am Leitlinienverfahren beteiligten Fachgesellschaften und Patientenorganisationen oder andere außenstehende Dritte einen gerichtlich einklagbaren Anspruch darauf haben, bestimmte Inhalte in eine Leitlinie zu implementieren.

(...) Mit seiner Entscheidung stellt das Kammergericht nun klar, dass sich der methodische Ablauf der Leitlinienerstellung in der Regel am AWMF-Regelwerk orientiert, dieses jedoch für Einzelne keine gerichtlich einklagbare Ansprüche auf eine bestimmte Gestaltung des Leitlinieninhalts vermittelt. Außerdem wird deutlich, dass das AWMF-Regelwerk auch im Übrigen nicht justiziabel ist.

Die Adressaten medizinisch wissenschaftlicher Leitlinien, insbesondere auch Ärzte und ärztliche Sachverständige, müssen bedenken, dass Leitlinien nur einen zum Zeitpunkt der Erstellung der Leitlinie bestehenden medizinisch wissenschaftlichen Zustand wiederspiegeln. Auch wenn die Leitlinie ihrer Klassifizierung nach einem besonders hohen wissenschaftlichen Standard entspricht, muss stets für jeden Einzelfall geprüft werden, ob die Leitlinie auf den jeweiligen Fall Anwendung finden kann oder ob von den in der Leitlinie empfohlenen diagnostischen oder therapeutischen Verfahren im Einzelfall abgewichen werden muss.

Quelle/weitere Informationen: Wienke A; Hübner L, Oberlandesgericht entscheidet: Medizinisch wissenschaftliche Leitlinien sind nicht justiziabel. GMS Mitteilungen aus der AWMF; VOL: 16; DOC1 /20190614/. http://www.egms.de/en/journals/awmf/2019-16/awmf000322.shtml

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