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NEU: S3-Leitlinie "Fiebermanagement"

28.07.2025

Erstmals umfassend evidenzbasiertes und interdisziplinär abgestimmtes Regelwerk samt Elternleitlinie zum Umgang mit Fieber im ambulanten Setting

Titelseite der Leitlinie

Die unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DGKJ) entstandene Leitlinie bietet Ärztinnen und Ärzten, Pflegefachpersonen und Gesundheitsberufen klare, differenzierte Empfehlungen für das ambulante Setting und berücksichtigt zugleich die wichtige Rolle von Eltern und Bezugspersonen im häuslichen Fiebermanagement.

Fieber: Meist Abwehrreaktion und kein Notfall

„Die neue Leitlinie betont ein grundlegend verändertes Verständnis von Fieber: Es wird nicht als vorrangig behandlungsbedürftiges Symptom betrachtet, sondern als physiologische und in der Regel hilfreiche Abwehrreaktion des Körpers“, resümiert Prof. Dr. Tim Niehues, Leitlinienbeauftragter der DGKJ.

Familien und Bezugspersonen eines Neugeborenen sollen daher frühzeitig – idealerweise bereits bei der ersten Impfung – und verständlich über die Bedeutung und den Umgang mit Fieber informiert werden. Dabei wird neben dem Gespräch zusätzlich auf weitere Informationsmaterialien gesetzt, wobei sich hierfür die parallel erschienene „Elternleitlinie“ besonders anbietet.

Exakte Messung: rektal oder tympanal

Für die Temperaturmessung empfiehlt die Leitlinie je nach Alter unterschiedliche Methoden:

  • Bei Säuglingen erfolgt die verlässlichste Messung rektal.
  • Bei Kindern ab einem Jahr ist die Messung mit einem Trommelfellthermometer ausreichend genau.
  • Stirn- und axilläre Messungen gelten als zu ungenau und sollen nicht zur alleinigen Beurteilung herangezogen werden.

Bei Jugendlichen kann eine orale Messung erwogen werden, diese bleibt jedoch fehleranfällig.

Warnzeichen klar definiert

„Entscheidend für die Einschätzung eines fiebernden Kindes sind nicht allein Temperaturwerte, sondern vor allem der Allgemeinzustand und spezifische Warnzeichen“, erläutert Prof. Dr. David Martin, Koordinator der Leitlinie.

Dazu zählen u. a. Bewusstseinsstörungen, schrilles Schreien, Hauteinblutungen, Austrocknung, Atemnot oder eine auffällig verlängerte Rekapillarisierungszeit.

Pädiatrisches Dreieck und Ampelsystem

Die Leitlinie geht auch auf Algorithmen wie ein Ampelsystem oder das sog. `Pädiatrische Dreieck´ ein, die die ärztliche Risikoeinschätzung für eine schwere Erkrankung bei fiebernden Kindern und Jugendlichen unterstützen sollen.

Jedoch, betont Prof. Niehues, seien beide Systeme noch nicht darauf validiert, ab wann sich ein krankes Kind in einem bedrohlichen Zustand mit der Gefahr bleibender Schäden befindet.

Fiebersenkung nur bei Beschwerden

Ein zentrales Novum der Leitlinie: Fieber soll nicht aufgrund seiner Höhe gesenkt werden, sondern nur, wenn das Kind sichtbar unter dem Fieber leidet. Paracetamol oder Ibuprofen können bei beeinträchtigten Kindern zum Einsatz kommen – jedoch nur in alters- und gewichtsentsprechender Dosierung und begrenzter Dauer.

Wichtig: Fiebersenkende Medikamente verhindern keine Fieberkrämpfe und sollen nicht prophylaktisch – etwa bei Impfungen – gegeben werden. Eine Ausnahme bildet die STIKO-Empfehlung zur Meningokokken-B-Impfung, auf die in der Leitlinie hingewiesen wird.

Sonderfall und Ausnahme: Vorerkrankungen und sehr junges Lebensalter

Bei bestimmten Risikoerkrankungen besteht eine höhere Prävalenz für Fieber. Daneben wird das Alter als Risikofaktor bestimmt: Für Frühgeborene, Neugeborene und Säuglinge gelten besondere Empfehlungen. Kinder unter 3 Monaten mit Fieber ≥ 38 °C (rektal) sollten ärztlich abgeklärt werden, denn auch bei subfebrilen Temperaturen kann in dieser Altersgruppe eine schwere bakterielle Infektion vorliegen. Eine Urinuntersuchung ist sinnvoll bei jedem Säugling jünger als 3 Monate mit Fieber, hält die Leitlinie fest.

Nicht-medikamentöse Maßnahmen betonen Nähe und Wärme

Das häusliche Fiebermanagement soll Eltern und Bezugspersonen vermitteln, was dem Kind zuträglich sein kann:

  • Ausreichende Flüssigkeitszufuhr.
  • Ermöglichung von ungestörtem Schlaf.
  • Zuwendung, Ruhe und eine Umgebungstemperatur, die dem Wärmebedarf des Kindes entspricht.
  • Kinder sollten nicht entkleidet oder unnötig gekühlt werden. Wadenwickel sind nur bei warmen Extremitäten und subjektivem Unwohlsein sinnvoll – und sollen körperwarm sein.
Antibiotikagebrauch streng indikationsbezogen

Die Leitlinie spricht sich deutlich für eine rationale und zurückhaltende Antibiotikatherapie aus - Fieber allein ist keine Indikation, denn „die Mehrheit der fieberhaften Infekte bei Kindern ist viral bedingt; unnötige Antibiotikagaben können Nebenwirkungen, Resistenzbildungen und Schäden des Mikrobioms verursachen“, betont Prof. Niehues.

Erholungszeit im Blick

Ein weiterer Punkt der Empfehlung ist die Rekonvaleszenz: Kinder und Jugendliche sollten mindestens einen vollen Tag fieberfrei und wieder belastbar sein, bevor sie wieder eine Gemeinschaftseinrichtung besuchen. Bezugspersonen sollen aktiv zur Einhaltung dieser Erholungszeit beraten werden.

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