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Patient:innenleitlinie Rückenschmerz

03.08.2022

Endlich verstehen, was Sache ist: Das ist Ziel einer neuen Leitlinie zum Thema Rückenschmerz. Zielgruppe: Kinder und Jugendliche.

Bild: AWMF

Patient:innen-Leitlinie des Deutsche Kinderschmerzzentrums an der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) 

Nicht über die Patient:innen, sondern mit ihnen kommunizieren: Das ist die Devise von Expert:innen, die sich in Deutschland um Kindern und Jugendliche mit Rückenschmerzen kümmern. Im Auftrag der DGKJ und unter der Federführung des Deutschen Kinderschmerzzentrums an der Vestischen Kinder- und Jugendklinik – Universität Witten Herdecke haben Expert:innen aus 13 Fachgesellschaften und Berufsverbänden sowie Patient:innenvertreter:innen die wichtigste Behandlungsleitlinie für Kinder und Jugendliche mit Rückenschmerzen neu aufgelegt – und zwar so, dass die jungen Patient:innen selbst lesen und verstehen können, was zur Diagnose und Behandlung ihrer Schmerzen empfohlen wird.

„Kinder und Jugendliche haben ein Recht, informiert zu sein, welche Art von Schmerzen sie haben und wie die Behandlung aussieht“, stellt Prof. Michael Frosch von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) dar.

Die erste wichtige Information für junge Patient:innen: Expert:innen unterscheiden zwischen zwei verschiedenen Arten von Rückenschmerzen. Den so genannten spezifischen Rückenschmerzen liegt eine andere organische Erkrankung zugrunde, die ursächlich behandelt werden muss. Warnzeichen wie z.B. Fieber, Gangstörungen, Schmerzen an weiteren Orten oder Rückenschmerzen bei Kindern unter 10 Jahren können auf solche – bei Rückenschmerzen im Kindesalter sehr seltenen auftretenden – Grunderkrankungen hinweisen.

Viel häufiger aber sind bei Kindern und Jugendlichen „unspezifische“ Rückenschmerzen, Schmerzen also, die anscheinend ohne erkennbaren Grund auftreten. Denen also keine andere Erkrankung zu Grunde liegt, sondern die an sich die Krankheit darstellen. Diese unspezifischen Rückenschmerzen werden daher auch „primäre“ Rückenschmerzen genannt. Die Leitlinie erklärt Betroffenen, wie diese unspezifischen Rückenschmerzen entstehen, welche Risikofaktoren bei der Entstehung und Persistenz der primären Rückenschmerzen eine Rolle spielen und was die Kinder selber gegen diese Art der Rückenschmerzen tun können. Kinder, Jugendliche und ihre Familien erfahren, wann sie besser zu ihrer Kinderärztin oder ihrem Kinderarzt gehen sollten und welche Untersuchungen und Therapien – wie z.B. Physiotherapie – dort oft veranlasst werden. Wenn die unspezifischen Rückenschmerzen länger andauern oder immer wieder kommen, kann auch eine ambulante Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie hilfreich sein, um mit den Schmerzen klar zu kommen. Manchen Kindern und Jugendlichen mit anhaltenden unspezifischen Rückenschmerzen werden Untersuchungen in spezialisierten Einrichtungen wie einer Schmerzambulanz für Kinder und Jugendliche empfohlen. Chronische Schmerzen, die das Leben der Kinder und Jugendlichen stark beeinträchtigen, können am besten im Rahmen einer stationären, interdisziplinären multimodalen Schmerztherapie behandelt werden.

„In der Leitliniengruppe sind wir uns einig, dass Medikamente zur Behandlung der unspezifischen Rückenschmerzen nicht empfohlen werden. Vielmehr kann es zu Nebenwirkungen oder sogar zu anderen Schmerzen wie Kopfschmerzen kommen, wenn sie häufig eingenommen werden“, sagt Prof. Dr. Michael Frosch. Besser: Bewegung zum Beispiel durch Physiotherapie und regelmäßigen Sport. Beides hilft auch, unspezifischen Rückenschmerzen vorzubeugen. Die wissenschaftlich erarbeitete Leitlinie formuliert auch Handlungsempfehlungen zur Diagnostik und Therapie für Ärzt:innen und Therapeut:innen.

Die anschaulich gestaltete Patient:innenleitlinie enthält u.a. Links zu Kinderschmerzzentren, ein Glossar sowie eine Feedbackseite. Die Leitlinie ist verfügbar unter:

https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/027-070.html

 

 

Hintergrund:

Eine S3-Leitlinie wird nach höchsten wissenschaftlichen Standard entwickelt. Sie beschreibt, welche Untersuchungen und Behandlungen von Ärzt:innen und Therapeut:innen durchgeführt werden sollen. Die Empfehlungen dieser Leitlinie beruhen auf aktuellen internationalen Studien zum Thema Rückenschmerz und chronischen Schmerzen bei Kindern und Jugendlichen sowie auf der Expertise von 18 Ärzt:innen  und Therapeut:innen aus den 13 Fachgesellschaften, die Erfahrung im Umgang mit Rückenschmerzen und chronischen Schmerzen bei Kindern und Jugendlichen haben. Eine Vertreterin einer Patient:innenvereinigung hat die Erfahrungen und die Sicht von Betroffenen mit eingebracht.

Ansprechpartner:

Prof. Dr. Michael Frosch; 02363-975-180; Deutsches Kinderschmerzzentrum, Vestische Kinder- und Jugendklinik – Universität Witten/Herdecke, Dr.-Friedrich Steiner Str. 5, 45711 Datteln; M.Frosch(at)Deutsches-Kinderschmerzzentrum.de

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