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Kindermedizin-Produkte vor dem Aus?

20.09.2022

Gemeinsame Presseinfo von DGKJ und DGPK zur Medical Device Regulation (MDR)

Am Mittwoch, den 21. September berät der Ausschuss für Gesundheit im Bundesrat zu einem Entschließungsantrag zur EU-Neuregulierung für Medizinprodukte (MDR). Der Antrag wurde von  Baden-Württemberg und Bayern in den Bundesrat eingebracht und von dort an den zuständigen Ausschuss überwiesen.  Mit der im Mai 2017 beschlossenen Verordnung, angestoßen durch den Brustimplantate-Skandal, sollen u. a.  der Gesundheitsschutz und die Innovationsförderung durch neuen Zertifizierungskriterien verbessert werden. Dies betrifft jedoch nicht nur neue Medizinprodukte bzw. medizinische Verbrauchsmaterialien, sondern auch bereits langjährig bewährte Produkte. In der Kinder- und Jugendmedizin drohen durch die MDR auch einschneidende Versorgungslücken.

Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) und die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler (DGPK) begrüßen die Initiative der beiden Länder auf Bundesebene.

„Die MDR-Verordnung führt zu einer wichtigen und richtigen Verschärfung der Anforderung für Medizinprodukte und Verbrauchsmaterialien. Dies betrifft aber auch bewährte Bestandsprodukte. Kindermedizin-Produkte sind oft Nischenprodukte. Sie werden in geringer Stückzahl hergestellt, jedes einzelne ist therapeutisch aber unverzichtbar und lebensrettend. Diese drohen gänzlich vom Markt zu verschwinden. Hiervon ist die Kinder-Kardiologie besonders betroffen, aber auch andere Bereiche der Kinder- und Jugendmedizin, wie z.B. das gut etablierte Neugeborenen-Screening auf Mukoviszidose durch den Schweißtest. Es freut uns, dass das Thema der MDR nun endlich Eingang in die bundespolitischen Beratungsprozesse gefunden hat, auch wenn die pädiatrischen Aspekte hier bisher nicht berücksichtigt wurden.“, so Prof. Dr. Dominik Schneider, Sprecher des Konvents für fachliche Zusammenarbeit bei der DGKJ.

In der Kinderkardiologie etwa werden z.B. speziell entwickelte Herzkatheter für lebensrettende therapeutische Interventionen (Rashkind Manöver) in den ersten Lebensstunden eingesetzt. Ohne diesen Eingriff stirbt das Kind am ersten Lebenstag. Für die Medizinproduktehersteller sind diese aber aufgrund der Seltenheit der Erkrankungen Nischenprodukte. Mit den neuen gestiegenen Anforderungen an Medizinprodukte und der Notwendigkeit, in absehbarer Zeit eine neue Zertifizierung für das Medizinprodukt zu erlangen, scheuen viele Hersteller den Aufwand für einen aufwändigen Zertifizierungsprozess teilweise für Nischenprodukte. So ist aus einem Portfolio verschiedener Herzkatheter, unter denen für diesen Eingriff patientenspezifisch ausgewählt werden konnte, ist in den letzten beiden Jahren nur noch ein einziges Modell übriggeblieben. Der Fortbestand dieses Katheters ist allerdings ebenfalls gefährdet.

Die derzeit zu beobachtende Entwicklung führt daher bei den pädiatrischen Fachgesellschaften zu allergrößter Sorge, dass in absehbarer Zeit notwendige und lebensrettende Behandlungen nicht mehr angeboten werden können.

 

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