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Call for Papers: Das Kind im Krankenhaus

20.02.2025

Historische Perspektivierung von Krankenhausaufenthalten von Kindern in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum

Workshop 22./23. Januar 2026 in Berlin

Krankenhausaufenthalte im Kindesalter stellen einschneidende Lebenserfahrungen dar, an die sich die Betroffenen häufig lebenslang erinnern. Dabei wandelten sich die Bedingungen von stationären Aufenthalten für Kinder in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts grundlegend: War es in den 1950er und 1960er Jahren noch üblich, dass Kinder ohne Begleitung stationär aufgenommen wurden und nur selten von ihren Eltern besucht werden durften, wurden in den 1970er Jahren nicht nur die Besuchszeiten allmählich liberalisiert: Unter dem Eindruck der vor allem im angelsächsischen Raum seit den 1950er Jahren durchgeführten Forschungen zum „psychischen Hospitalismus“ sollte nun der „Mutterentbehrung“ und der damit einhergehenden Traumatsierung von Kindern infolge von Krankenhausaufenthalten eine zunehmende Anwesenheit von Eltern bis hin zum „Rooming-in“ entgegenwirken. Parallel zum wissenschaftlichen und fachpolitschen Diskurs entwickelte sich außerdem eine maßgeblich von Eltern geführte Debatte um die seelischen Auswirkungen von stationären Therapien auf ihre Kinder. Die European Association for Children in Hospital, ein Zusammenschluss verschiedener nationaler europäischer Initiativen, formulierte schließlich 1988 in Leiden eine 10-Punkte-Charta, die die Rechte von Kindern und ihren Familien vor, während und nach einem Krankenhausaufenthalt festschrieb. Die Forderungen dieser Charta griffen dem nur langsam einsetzenden Strukturwandel in (Kinder-)Krankenhäusern weit voraus. Sie beinhalteten nicht nur eine Anpassung der personellen und räumlichen Behandlungsbedingungen, sondern auch eine umfassende Prüfung der medizinischen Verfahrensabläufe unter dem Gesichtspunkt kindlicher Bedürfnisse.

Neben den fachspezifischen Quellen und den zeitgenössischen Aussagen von Eltern ist die Rückschau der damaligen Kinder von Interesse. Einige Autobiographien beginnen mit Berichten über Krankenhausaufenthalte in der Kindheit. Der erste lange Aufenthalt am fremden Ort konnte neue gesellschaftliche Erfahrungen mit sich bringen, die Einstellung zur Medizin prägen und dazu beitragen, den bisherigen Alltag in der Familie anders einzuschätzen.

Der geplante zweitägige Workshop der Historischen Kommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) möchte die Entwicklung der vielfältigen historischen Bedingungsfaktoren der Behandlung von Kindern in Krankenhäusern in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Tatsache diskutieren, dass die Perspektiven der Kinder selbst bislang kaum beleuchtet wurden.

Mögliche Themenkomplexe für Beiträge umfassen:

  • Veränderungen in der Gestaltung und Struktur der Krankenhäuser, den Krankheitsbildern und den Behandlungsmethoden
  • Stationäre Aufenthalte im Kindesalter als biographische Wendepunkte
  • Kindbezogene Darstellung und Vermittlung von Wissen über Krankheit und Krankenhausaufenthalte in Literatur und Film
  • Literarische und biographische Verarbeitung von Krankenhausaufenthalten
  • Wandel pädiatrischer Diagnosen und der hiermit verbundenen Aufenthaltsdauer in Kinderkrankenhäusern
  • Krankheits- und Therapieaufklärungen von Kindern und Jugendlichen
  • Besuchsregelungen für Eltern und Geschwisterkinder, u.a. im Kontext von Infektionskrankheiten und Intensivmedizin
  • Rollenverständnis von Müttern und Vätern als Betreuungspersonen erkrankter Kinder
  • Psychologische und soziale Betreuung von Kindern und ihren Familien während stationärer Aufenthalte

Eine Publikation der Tagungsergebnisse wird angestrebt.

 

Veranstalter und Kontakt:

Historische Kommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ)

Kontakt für den geplanten Workshop: Dr. Anne Oommen-Halbach, Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, anne.oommen-halbach(at)hhu.de

 

Wir bitten um Einreichung von Abstracts (max. 300 Wörter) inklusive kurzer biographischer Angaben (max. 100 Wörter) bis zum 15.6.2025 an: anne.oommen-halbach(at)hhu.de.

Redezeit: 20min+10min Diskussionszeit; Kosten für Fahrt und Unterkunft werden für Referent:innen vom Veranstalter übernommen.

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