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Koalitionsvertrag – Mit Blick auf unsere Jüngsten

05.01.2022

Politischer Ausblick des DGKJ-Generalsekretärs

Die vergangenen nunmehr fast zwei Jahre Pandemie haben gezeigt, wie wichtig es ist, die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen mit Blick auf deren physische und psychische Gesundheit explizit in politischen Entscheidungen zu berücksichtigen. Immer wieder wies die DGKJ mit Nachdruck auf die Wichtigkeit der Berücksichtigung dieser Bevölkerungsgruppe hin. Gemeinsam mit anderen pädiatrischen Organisationen hatten wir bereits im Frühsommer des Wahljahres ausführliche politische Forderungen formuliert und an die politischen Akteure adressiert. Die breit aufgestellte Expertise der DGKJ floss und fließt in zahlreichen, wissenschaftlich fundierten Stellungnahmen auf unterschiedlichsten Ebenen ein. Diese Expertise hat jedoch nicht immer in angemessenem Maße Gehör gefunden. Umso hoffnungsvoller blicken wir auf den Koalitionsvertrag der aktuellen 20. Legislaturperiode.

Es freut uns und wir begrüßen ausdrücklich, dass die besonderen Bedarfe der Kinder und Jugendlichen in unserer Gesellschaft und in der medizinischen Versorgung an vielen Stellen Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden haben. Auch die Finanzierungsthematik wurde erfreulicherweise berücksichtigt: So verspricht die neue Regierungskoalition etwa, mit einem Bund-Länder-Pakt die nötigen Reformen für eine zeitgemäße und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung anzugehen. Insbesondere soll kurzfristig eine bedarfsgerechte auskömmliche Finanzierung für die Pädiatrie umgesetzt werden. Bereits in der vorangegangenen Legislaturperiode wurden unterschiedliche Lösungsansätze für die Ausgestaltung einer dauerhaft tragfähigen Finanzierung der stationären Pädiatrie erwogen und eruiert. Die DGKJ hat dazu immer wieder kurzfristig umsetzbare Maßnahmen vorgeschlagen, so u. a. bedarfsorientierte, populationsbezogene und kostendeckende Vergütung der stationären Leistungen durch die Erstattung der Fix- und Vorhaltekosten und eine adäquate Vergütung der Extremkostenfälle. Wir hoffen, dass diese Vorschläge endlich in die Entscheidungen mit einbezogen werden.

Im Koalitionsvertrag festgehalten wurde auch die Bearbeitung eines weiteren wichtigen Themas: Ernährung. Schon seit vielen Jahren engagiert sich die DGKJ verstärkt bei diesem Thema und beriet in der vergangenen Legislaturperiode mit anderen Akteuren das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) z. B. im Begleitgremium zur Nationalen Strategie zur Reduktion von Zucker, Fett und Salz in Fertigprodukten (NRI). Verpflichtende Maßnahmen zur Einhaltung dieser Strategie konnten allerdings bis heute leider nicht erreicht werden. Eine Ernährungsstrategie mit besonderem Blick auf die Kinder soll nun bis 2023 beschlossen werden, an Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt soll bei Sendungen und Formaten für unter 14-Jährige verboten werden. Eine Weiterentwicklung des EU-weiten NutriScores haben sich die Koalitionspartner ebenfalls zum Ziel gesetzt. Diesen Kurs begrüßt die DGKJ sehr. Wir hoffen, dass mit der Einführung steuerlicher Maßnahmen gesunde Ernährung gefördert wird.

Darüber hinaus sollen laut Koalitionsvertrag etwa ein Aktionsplan zu Nationalem Gesundheitsziel „Gesundheit rund um die Geburt“ umgesetzt, sozialpädiatrische Zentren in allen Bundesländern ausgebaut, das Präventionsgesetz zielgruppenspezifisch weiterentwickelt, und Primär- und Sekundärprävention gestärkt werden. Neben der Verhaltensprävention des Individuums sollte besonderes Augenmerk auf die Verhältnisprävention gerichtet werden.

Das Thema Pflege hat leider nicht in dem seitens der Pädiatrie geforderten Maße Berücksichtigung gefunden. Denn feststeht: Es fehlt an Pflegekräften, auch in der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege. Die andauernde Pandemiesituation hat dies wie in einem Brennglas mehr als deutlich aufgezeigt. Zwar erklären die Regierungsparteien im gemeinsamen Vertrag, dass sie für eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung sowie eine menschliche und qualitativ hochwertige Medizin und Pflege sorgen, konkrete Lösungsansätze als fehlen jedoch. Die Besonderheiten in der Pflege von Kindern finden keinerlei Erwähnung, die Zukunft des Berufsstandes der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege steht auf dem Spiel. Wir hoffen, dass diese Lücke in den nächsten Monaten mit inhaltlicher Arbeit aufgefüllt wird.

Es gilt nun insbesondere, die Vereinbarungen im Vertrag schnellstmöglich mit Leben zu erfüllen und umzusetzen - acta, non verba. Die DGKJ wird dies bestmöglich als seriöser und vertrauensvoller Gesprächspartner mit wissenschaftlicher Expertise begleiten.

 

Priv.-Doz. Dr. med. Burkhard Rodeck, DGKJ-Generalsekretär

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