Kommission für Arzneimittelsicherheit
Jahresbericht 2023
Die Kommission für Arzneimittelsicherheit im Kindesalter hat sich im vergangenen Jahr in ihrer Zusammensetzung nicht geändert. Die Leitung haben Frau Prof. Dr. Antje Neubert (Erlangen) und Herr Prof. Dr. Bernhard Erdlenbruch (Minden). Die weiteren Mitglieder sind Prof. Dr. Reinhard Berner (Dresden), Prof. Dr. Joachim Boos (Münster), Prof. Dr. Jost Kaufmann (Köln), Dr. Dirk Mentzer (Lan- gen), Dr. Dr. Helmut Pabel (Herford), Prof. Dr. Wolfgang Rascher (Erlangen), Dr. Sabine Scherer (Bonn), Prof. Dr. Matthias Schwab (Stuttgart), Prof. Dr. Norbert Wagner (Aachen) und Prof. Dr. Fred Zepp (Mainz).
Die Schwerpunkte der Arbeit der KASK im Berichtsjahr 2023 lagen auf folgenden Themen:
Finanzierung Kinderformularium
Das Kinderformularium.DE (www.kinderformularium.de) ist eine unabhängige, frei verfügbare Datenbank für evidenzbasierte Informationen zur Anwendung von Arzneimitteln bei Kindern und Jugendlichen. Es hat sich im vergangenen Jahr hinsichtlich der Nutzung durch Kinderärztinnen und Kinderärzte weiter etabliert. Es ist die einzige Datenbank im deutschsprachigen Raum, die Dosierungsempfehlungen bereitstellt, die auf der bestvorhandenen Evidenz basieren und gleichzeitig Angaben zum Zulassungsstatus sowie weitere Informationen zur Arzneimitteltherapie zur Verfügung stellt. Nach Ablauf der Finanzierung aus Mitteln des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) im Rahmen des Aktionsplanes zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit in Deutschland bemüht sich die KASK seit 2 Jahren um eine Verstetigung der Finanzierung der Datenbank. Leider konnte bislang trotz Ausweitung der Bemühungen keine Übergangsfinanzierung gesichert werden. Inzwischen konnten aber verschiedene Kontakte in die Politik geknüpft werden. Des Weiteren wartet die DGKJ bezüglich einer möglichen Finanzierung aktuell noch auf eine Antwort des G-BA. Außerdem stellt das anstehende Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz noch eine Möglichkeit zur Verstetigung des Kinderformulariums dar. Sollte es absehbar zu keiner Finanzierungszusage kommen, wird die DGKJ das Kinderformularium übergangsweise finanziell unterstützen.
Revision des EU-Arzneimittelrechts der Europäischen Kommission
Die KASK hat die DGKJ im Stellungnahmeverfahren unterstützt. Es wurde darauf hingewiesen, dass vor allem bei bereits zugelassenen und in der Pädiatrie häufig off-label eingesetzten Wirkstoffen mit der Kinderarzneimittelverordnung bislang keine signifikante Verbesserung der Versorgungssituation, z. B. über die paediatric-use marketing authorisation (PUMA-Zulassungen), erreicht werden konnte. Es wird daher ausdrücklich begrüßt, dass die Rechtsprechung basierend auf den Erfahrungen der letzten Jahre nun angepasst werden soll. Die DGKJ befürwortet den Großteil der geplanten Änderungen, wie die Möglichkeit einer stufenweisen Entwicklung eines pädiatrischen Prüfkonzepts (PIP) und einer späteren PIP-Einreichung. Somit besteht die Möglichkeit, die pädiatrische Entwicklung an veränderte oder sich entwickelnde pädiatrische Bedürfnisse anzupassen. Die geplante Auflösung des Paediatric Committees (PDCO) wird allerdings als ein Rückschritt gesehen, da es für die EMA deutlich schwieriger als für ein Komitee sein wird, sich vollumfänglich für die Belange der Pädiatrie einzusetzen. Außerdem wurde angeregt, dass für den Fall, dass ein Unternehmen die pädiatrische Indikation nicht aufgreift, die pädiatrischen Informationen aus dem PIP-Prozess in vollem Umfang zur Verfügung gestellt werden.
Lieferengpässe bei Arzneimitteln für Kinder und Jugendliche/Runder Tisch
Die KASK hat die DGKJ im Stellungnahmeverfahren unterstützt. Im Wesentlichen begrüßt die KASK grundsätzlich das Bemühen der Bundesregierung, den Lieferengpässen von Arzneimitteln durch gesetzliche Regelungen entgegenzuwirken. Es wurde darauf hingewiesen, dass dies nicht nur für die in der Kabinettsvorlage explizit genannten „Antibiotika sowie Arzneimittel zur Fiebersenkung von Kindern mit den Wirkstoffen Paracetamol und Ibuprofen“, sondern auch für andere Arzneimittel in kindgerechten Darreichungsformen notwendig ist. Die Einrichtung eines Frühwarnsystems beim BfArM sowie eine stetig zu aktualisierende Liste kritischer Medikamente wurde befürwortet. Die Liste wurde zudem von der KASK überprüft. Die geplante Anhebung der Erstattungsbeträge um 50 % und die vorgesehene Verpflichtung, Medikamente zu bevorraten, wurden begrüßt, aber hinsichtlich ihrer Effektivität kritisch hinterfragt. Abschließend wurde darauf hingewiesen, dass Arzneimittelengpässe im Kindes- und Jugendalter oft nur durch off-label-use kompensiert werden und diesbezüglich seitens der gesetzlichen Krankenversicherungen keine Verpflichtung zur Kostenübernahme besteht. Ende Juli fand dann unter Beteiligung des BMG, des BfArM, der Pharmaindustrie, der GNPI, der DGKJ, des BVKJ und weiterer Beteiligter ein Runder Tisch zur Versachlichung der Debatte statt. In diesem Zusammenhang wurde nochmals auf den Mehrwert des Kinderformulariums hingewiesen.
Online-Seminar„Arzneimittel für Kinder sicher einsetzen“
Das Webinar hat an fünf Terminen zu den folgenden Themen von März bis Mai 2023 stattgefunden.
- Arzneimitteltherapiesicherheit: Hätten Sie es gewusst? (Prof. Neubert/Prof. Erdlenbruch)
- Wie kann der Medikationsprozess in der Kinder- und Jugendmedizin sicherer gestaltet werden? (Prof. Kaufmann/Dr. Neininger)
- Arzneimitteltherapiesicherheit in der Kinder- und Jugendmedizin: Was können Kinder- und Jugendmediziner/innen beitragen? (Dr. Mentzer/Prof. Rascher)
- Pädiatrische Pharmakologie und personalisierte Medizin: Worauf ist zu achten? (Prof. Schwab/Prof. Zepp)
- Zugelassen oder nicht? Welche Informations- und Datenquellen für Kinder- und Jugendärzt/-innen sollten Sie unbedingt kennen? (Dr. Scherer/Prof. Erdlenbruch)
Die Veranstaltung kann als voller Erfolg gewertet werden, es gab 387 Anmeldungen, im Mittel 172 Teilnehmerinnen und Teilnehmer pro Seminar. Das Feedback in den Evaluationen war sehr positiv. Aufgrund des Erfolges soll die Veranstaltung 2024 wiederholt werden.
Symposium der KASK im Rahmen der Jahrestagung in Hamburg 2023
Für die diesjährige Jahrestagung der DGKJ wurde ein Symposium zum aktuellen Thema „Digitalisierung in der Pädiatrischen Pharmakologie“ organisiert. Es wurden drei Hauptvorträge mit den Themen „Physiologie-basierte Pharmakokinetik: Neue Perspektiven für die pädiatrische Medikation“, „Wie passen künstliche Intelligenz, Ethik und Arzneimittel bei Kindern zusammen?“ und „Real world data in der pädiatrischen Arzneimittelentwicklung – wo stehen wir?“ angeboten.
Prof. Dr. Antje Neubert, Prof. Dr. Bernhard Erdlenbruch, Vorsitzende