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Neuregelung der ärztlichen Ausbildung (ÄApprO)

11.01.2021

Die DGKJ sieht den vom BMG vorgelegten Referentenentwurf für eine Ärztliche Approbationsordnung überaus kritisch.

Der aktuelle Referentenentwurf der Approbationsordnung für Ärztinnen und Ärzte (ÄApprO) hat als ein wichtiges Ziel, die hausärztliche Versorgung zu stärken. Dies ist eine notwendige Aufgabe, an der sich die DGKJ und der BVKJ gerne beteiligt haben und beteiligen, denn Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte sind im ambulanten Bereich vor allem als Hausärztinnen und Hausärzte von Kindern und Jugendlichen essentieller Teil der medizinischen Primärversorgung.

Die ambulante und stationäre Kinder- und Jugendmedizin in Deutschland ist im internationalen Vergleich qualitativ hochwertig. Sie trägt traditionell wesentlich zur kontinuierlichen Verbesserung der ganzheitlichen, familienorientierten Behandlung von Kindern und Jugendlichen, der Behandlung chronisch und multimorbid kranker Kinder und Jugendlicher sowie der Vorsorge schwerer und chronischer Erkrankungen bei. Rund 7.700 niedergelassene Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte bilden eine wichtige Säule der hausärztlichen Versorgung.

Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte erbringen mit deutlich zunehmender Tendenz den allergrößten Teil der Leistungen in der hausärztlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen (< 18 Jahre) (Stand 2017; Quelle: Schulz/Kroll/Czihal, Versorgungsmonitor Ambulante Kinder- und Jugendmedizin, Berlin 2020):

  • mehr als 90 % der Früherkennungsuntersuchungen U2 – U9 und 80 % der J1-Untersuchung nach G-BA-Richtlinien (69 % in 2010)
  • 91 % aller Impfungen (86 % in 2010)
  • 68 % aller hausärztlichen Behandlungsfälle (61% in 2010)
  • 3.800 Behandlungsfälle je hausärztliches Vollzeitäquivalent (3.700 in 2010) gegenüber 200 Fällen bei nicht-pädiatrischen Hausärzten.

Die Kinder- und Jugendmedizin in Deutschland sieht sich daher in einer vergleichbaren Rolle wie die Allgemeinmedizin, weil sie die Primärversorgung einer bedeutsamen, durch ihr Alter definierten Bevölkerungsgruppe leistet.

Die ca. 6.400 stationär tätigen Ärztinnen und Ärzte für Kinder- und Jugendmedizin sind unverzichtbar in das System der ambulanten Notfallversorgung eingebunden und betreiben zugleich stationäre Spitzenmedizin als essentielles Rückgrat einer hochwertigen medizinischen Versorgung aller erkrankten Kinder und Jugendlichen.

Die DGKJ und der BVKJ begrüßen ausdrücklich, dass gemäß Referentenentwurf die ambulanten Blockpraktika und das ambulante Pflicht-Quartal im Praktischen Jahr (PJ) nunmehr im gesamten Bereich der hausärztlichen Versorgung gemäß § 73 Absatz 1a SGB V (Allgemeinmedizin, Kinder- und Jugendmedizin, hausärztliche Innere Medizin)absolviert werden können, wie dies in unserer Stellungnahme zum Arbeitsentwurf vorgeschlagen wurde.

Die im aktuellen Referentenentwurf vorgesehene Neustrukturierung der Blockpraktika und der Prüfungen im Dritten Abschnitt der ärztlichen Prüfung (M3-Examen) sind jedoch aus unserer Sicht dringend korrekturbedürftig, da wichtige Lehrinhalte für die Primärversorgung von Kindern und Jugendlichen nicht mehr systematisch vermittelt werden können. Gleichzeitig würde die Pädiatrie als essentielles Fach der Primärversorgung und damit die Primärversorgung in Deutschland insgesamt geschwächt.

Wir fordern daher folgende Änderungen:
  • Die Beibehaltung eines Pflicht-Blockpraktikums Kinderheilkunde
    Gemäß dem aktuellen Entwurf würde Studierenden im Gegensatz zur Lehre in der Erwachsenenmedizin keine systematische stationäre Lehre mit Kindern und Jugendlichen mehr angeboten. Im Gegensatz zur Inneren Medizin für Erwachsene wäre die Pädiatrie als „Innere Medizin für Kinder und Jugendliche“ von systematischer stationärer Lehre ausgeschlossen. Ein zweiwöchiges stationäres Blockpraktikum Kinder- und Jugendmedizin ist notwendig.
  • Eine Berücksichtigung aller absolvierten PJ-Fächer im Rahmen des M3-Examens
    Die vorgesehene weitgehende Schwerpunktsetzung im Bereich der Allgemeinmedizin, Chirurgie und Innerer Medizin benachteiligt andere gewählte Fächer und würde auf Dauer insbesondere zu einer schlechteren Versorgung von Kindern, Jugendlichen und Frauen führen.
  • Den Ersatz der Allgemeinmedizin durch die Fachgebiete der hausärztlichen Versorgung im M3-Examen
    Durch die Festlegung auf die Allgemeinmedizin als obligates Prüfungsfach wird entgegen der Ausbildung im Praktischen Jahr nicht die gesamte Primärversorgung abgebildet.
  • Den Wegfall der Parcoursprüfung im M3-Examen
    Dieses Prüfungsformat ist aus lerntheoretischen und prüfungsdidaktischen Gründen nicht zielführend und setzt zusätzlich einseitige Lernanreize in den Bereichen Allgemeinmedizin, Innere Medizin und Chirurgie. Prüfungen an Simulationspatienten ohne pathologischen Organbefund im M3-Examen sollten entfallen. Die M3-Parcoursprüfung sollte durch strukturierte Prüfungen an echten Patientinnen und Patienten im PJ ersetzt werden.
  • Die korrekte Benennung der Kinder- und Jugendmedizin im Text der Approbationsordnung gemäß der aktuellen Musterweiterbildungsordnung
    Der Begriff „Kinderheilkunde“ wird dem umfassenden Arbeitsfeld der Kinder- und Jugendmedizin nicht gerecht.

 

 

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