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Hertha Nathorff

Dr. med., Frauen- und Kinderärztin


Stadt / Region Berlin
Adresse Berlin-Charlottenburg, Spichernstr. 15
Geburtsname / Alias geb. Einstein
Geburtsdatum 05.06.1895
Geburtsort Laupheim/Oberschwaben
Geschlecht (männlich/weiblich) weiblich
Sterbedatum 10.06.1993
Sterbeort New York
Schicksal Emigration
Biografische Angaben

Ab 1914 Studium in Heidelberg, Freiburg, München, Berlin, Feldhilfsärztin im I. Weltkrieg.

„Als Studentin an der Freiburger Universitätsfrauenklinik hörte sie zum ersten Mal den Satz: 'Daß Sie Einstein heißen, ist hier keine Empfehlung für Sie'. Sie vergaß diese Bemerkung nie. Sie wurde eine Art Omen für das, was sie angstvoll heraufziehen sah“ (Koerner).

Dissertation Berlin 1920, Approbation 1921. 1925 Gynäkologin und Kinderärztin

1922-1928 ltd. Ärztin des Entbindungs- und Säuglingsheimes des Deutschen Roten Kreuzes Berlin-Lichtenberg. 1928-1933 ltd. Ärztin d. Berliner Frauen- u. Eheberatungsstelle. Vorstandsmitglied d. Ärztekammer Berlin u. Deputierte im Gesamtausschuß der Berliner Ärzte. Mitglied im Bund Deutscher Ärztinnen. RMK 1937+, VÄR.

16.04.1933, Tagebuch H.N.: „Versammlung des Bundes Deutscher Ärztinnen...Eine Kollegin - ich kenne sie, sie war meine Vorgängerin im Roten Kreuz und damals ziemlich linksstehend- wegen Untüchtigkeit und anderer nicht sehr feiner menschlicher Qualitäten war sie seiner Zeit entlassen worden - sie steht auf und sagt, 'nun bitte ich also die deutschen Kolleginnen zu einer Besprechung ins Nebenzimmer'. Kollegin S., eine gute Katholikin, steht auf und fragt: 'Was heißt das, die deutschen Kolleginnen?' 'Natürlich alle, die nicht Jüdinnen sind' lautet die Antwort. So war es gesagt. Schweigend stehen wir jüdischen und halbjüdischen Ärztinnen auf und mit uns einige 'deutsche' Ärztinnen. Schweigend verlassen wir den Raum, blaß, bis ins Innerste empört...“

April 1933 Entlassung, Schließung der Beratungsstelle. Juni 1933 Entzug der Kassenzulassung.

30.Juni 1933, Tagebuch H.N. „Die letzte Kassen-Sprechstunde. Ich habe tapfer durchgehalten. Meine Wohnung gleicht einem blühenden Garten. Abschiedsblumen. Wie das ist, sein eigenes Begräbnis zu erleben! Wie viele Kollegen mögen heute das Gleiche empfinden...“

12.Juli: „Die Kassenpatienten kommen nun täglich zu mir. Wo sollen sie hingehen? Ich rate Ihnen weiter so gut ich kann. ich gebe Ihnen Medizin von meiner Hausapotheke, aber, ich kann ja niemand krankschreiben, kein Attest geben, und sie wollen immer Atteste haben, um nicht in Versammlungen zu Gemeinschaftsabenden gehen zu müssen...“

September 1938 Entzug der Approbation. 18.September 1938: „Einige Ärzte dürfen als 'Judenbehandler' weiter praktizieren, auch mein Mann soll dieser 'Ehre' teilhaftig werden! Ein Schild, 'Nur zur Behandlung von Juden berechtigt', ein blaues Schild mit Davidstern und gelbem Fleck - nein, ich danke dafür. Die arischen Hauswirte kündigen schon jetzt den Ärzten, weil sie sich eine solche Verschandelung ihrer Häuser garnicht gefallen lassen, weil die arischen Mieter ausziehen, weil viele erklären, sie wollen und dürfen mit Juden nicht mehr unter einem Dach wohnen...“

Nach dem Novemberpogrom 1938 Schutzhaft des Ehemannes. April 1939 Auswanderung nach Großbritannien, Februar 1940 in die USA, New York. Erhebliche Anfangsschwierigkeiten. Arbeit als Putzfrau, Kinderpflegerin, Dienstmädchen, Nachtschwester, Sprechstundehilfe in der Praxis des Ehemannes. Rundfunkvorträge im New Yorker deutschspr. Radio WBMX, Kurse in Kranken- und Säuglingspflege für Neueinwanderer. Ab 1941 Mitglied, später Vorstandsmitglied u. Ehrenmitglied im „New World Club“. zahlr. Beiträge im „Aufbau“. Initiatorin u.a. “Golden Age Club” u. des sog. “Open House“ für ältere Menschen zur Pflege deutscher Sprache und Kultur. Ausbildung am Alfred-Adler-Institut für Individualpsychologie, ab 1954 Tätigkeit als Psychotherapeutin an der Alfred Adler Mental Hygiene Clinic. 1940 Preis der Harvard-Univ. im Manuskript-Wettbewerb „Mein Leben in Deutschland“ für ihr Tagebuch. Gedichte, Erzählungen, Zeitungsartikel. 98jährig Tod „in Gram und Einsamkeit".

Quellen GV; BHE; DBE; Benz (Tagebuch H.N.); Aufbau u.a. Vol.XXVI, No.23, S.36, 03.06.1960. ABJ; Backhaus-Lautenschläger; Koerner; RAR; Schwoch 2009.

Abkürzungen, Literatur, Quellen:

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